Nachdem im Fernsehen in verschiedenen Gesundheitssendungen
(hier oder
hier) über das Fasten berichtet wurde und die Zeitungen voll mit Detox sind, dachten wir uns, dass wir das auch mal probieren. Letzte Woche hat in einem Bericht beim rbb der Fleischermeister Friedrich Hack (kein Witz) 2 Wochen nur mit Tee bei voller körperlicher Belastung durchgehalten. Das war Ansporn genug sich damit näher zu befassen.
Dabei kam raus, dass der neue Trend
Detox Quatsch ist. Auch die oft gepriesene Entschlackung des Körpers ist ein Mythos. Es geht beim Fasten um eine bewusstere und gesündere Lebensweise und den Stoffwechsel neu zu starten.
Hier ein interessanter Artikel zu verschiedenen Lebensweisen. Unsere Vorfahren musten auch längere Zeit ohne Nahrung auskommen wenn beispielsweise das Mammut schneller war als die Jäger. Seit dem Nahrung nahezu omnipräsent ist, brauchen wir diese überlebenswichtige Fähigkeit nicht mehr aber der Körper braucht vielleicht ab und zu seine Pause vom Überfluss.
In meinen 30 Lebensjahren bestand (zum Glück) noch nie die Notwendigkeit längere Zeit auf Essen zu verzichten. Wir ernähren uns wirklich gesund und ausgewogen. Aber kann man von einer bewussten Ernährung sprechen, wenn man nur aus Gewohnheit isst? Nein und daher muss einmal alles raus damit es voller Schwung wieder losgehen kann. Und das ist auch der Kern des Fastens: Die Verdauung. Seit Giulia Enders Bestseller
Darm mit Charme ist Verdauung En Vogue und kein Tabuthema mehr. Dadurch dass oben nichts Festes mehr rein kommt, wird nach und nach alles was sich noch im Verdauungstrakt befindet ausgeschieden. Ein schöner Nebeneffekt ist die Gewichtsabnahme, da der Körper aus eigene Reserven zurückgreifen muss.Nun gibt es verschiedene Theorien ob man gar nichts, wenig oder nur etwas was einem lieb ist weglassen soll. Das klassische Fasten geht von Aschermittwoch bis Ostern. Nagut, so genau will ich es nicht wissen. So einigten wir uns auf eine Woche mit Tee und Wasser. Soweit zur Theorie und der gute Vorsatz, mal sehen wie es wird.
Vorbereitungstag:
Heute ist der letzte Tag, an dem es feste Nahrung gibt. Ich entschied mich für ein Ganztagsmüsli. Das bestand aus Haferflocken, Leinsamen, Nüssen, Kakao, etwas Zimt, Honig und Quark. Morgens angerührt, reichte es mit Wasser verdünnt über den ganzen Tag. Dazu gab es jede Menge Tee. Ich dachte, dass das Müsli leicht verdaulich und eine prima Vorbereitung ist. Abends gings dann los: 500 ml Wasser mit Glaubersalz. Jeder der wissen möchte, was dann passiert ist, sollte diese interessante Erfahrung einmal selbst machen.
Tag 1:
Das versprochene Ausbleiben des Hungergefühls fehlt. Heißt, ich hab Hunger und mein Magen knurrt. Morgens hatte ich direkt den Gedanken an ein frisches Brot mit aromatischen Tomaten belegt und mit fruchtigem Olivenöl übergossen. In der Zeit in der Nahrungsmittel im Überfluss gibt, ist der bewusste Verzicht reine Kopfsache. Der nimmt mir auch die Entscheidung ab, ob ich Hunger habe oder nicht. Hinzu kommt noch eine gewisse Gewohnheit: So hatte ich 8:00 Uhr Hunger, 12:30 Uhr Hunger und als ich nach Hause kam. Da ich Einsteiger bin, kann es wohl bis zu 4 Tagen dauern bis das verschwindet. 4 Tage?! Das ganze Experiment sollte nur 7 Tage dauern. Nun warten wir ab und trinken Tee. Kopfschmerzen sind auch dazu gekommen. Dafür gehts heute pünktlich ins Bett. Fasten ist eben anstrengend.
Tag 2:
Nach einer sehr entspannten Nacht ist es wieder komisch nichts zu essen. Aber es ging. Als ich morgens zum Bahnhof lief, roch es plötzlich nach Würstchen. Das ist aber nahezu unmöglich, da es dort eher nach Urin riechen würde als nach etwas Essbarem. Auf Arbeit hatte ein Kollege dann zu allem Überdruss noch original venezianisches Gebäck und eine Art Schaumgummi mitgebracht. Natürlich bin ich hart geblieben, habe mir jedoch eine kleine Reserve für die Zeit nach dem Verzicht zur Seite gelegt. Vom ganzen Tee, und das waren fast 3 Liter, habe ich einen ganz trockenen Mund bekommen. Als es nachmittags ein Glas Sauerkrautsaft gab, bin ich geschmacklich fast explodiert. Unglaublich, wie so ein komisches Getränk schmecken kann. Dieser Saft enthält viele Vitamine und soll durch die Milchsäuregärung Probiotika die Darmflora stärken und somit dafür sorgen, dass die Verdauung nicht komplett einschläft. Ich habe gelesen, dass durch das Fasten was ja auch als Hungern gesehen werden kann Muskeln abgebaut werden. Oh nein, da ich davon schon nicht so viele habe, traute ich mich abends dann zur donnerstäglichen Spinning-Stunde und es ging erstaunlich gut. Ich konnte zwischen dem Bauchknurren sogar das versprochene Glücksgefühl beim Fasten nachvollziehen und hab das gute Gefühl meine Muskeln am Gehen gehintert zu haben. Achso, Hunger hab ich noch immer. Die Trainerin empfahl mit das Buch über
"Die Weizenwampe". Mal sehen, ob da nicht einige Anregungen für den Ernährungsneustart drin sind.
Tag 3:
Auch heute hab ich den ein oder anderen Gedanken an das eine oder andere Rezept verschwendet. Der Bauch knurrt noch immer. Aber heute hatte ich die volle Vielfalt auf Arbeit: frische Zitrone für erfrischendes Zitronenwasser, frischen Ingwer für einen von innen wärmenden Tee und natürlich wie immer Grünen und Pfefferminztee. Im Wochenende angekommen, gab es heute, weil Freitag ist, Brottrunk. Der ist ähnlich wie Sauerkrautsaft, nur dass er Vitamin B12 enthält und die Immunabwehr stärken soll und darüber hinaus noch viel mehr für die Gesundheit tun. Das ist doch gar nicht so schlecht weil Grippewelle und Masern grad Berlin befallen. Meine Erinnerung an Brottrunk bestätigte sich. Huii ist der sauer und schmeckt eigentlich nach nichts außer nach gruseligem Gesöff. Bäh. Davon gabs direkt Gänsehaut. Dann lieber Sauerkrautsaft.
Außer dass ich 2,5 kg weniger wiege, habe ich sonst keinerlei negative körperliche Auswirkungen verspürt: Keine Kopfschmerzen, keine schlechte Laune, ich fühle mich nicht schwach und auch die Artikulation klappt noch ganz gut. Nur die frei gewordene Zeit zu überbrücken ist schwer. Sonst kochen wir abends, entweder für den nächsten Tag oder zum direkten Genuss. Das fehlt mir schon. Als Ausgleich verbringen wir die Zeit mir Recherche nach neuen Kochideen. Jetzt ist grad Freitagabendkrimizeit und ich bin stark geneigt zu naschen. Aber nein, es gibt eine Kanne "Momente des Glücks" und jede Menge Rezepte aus dem Internet. :)
Tag 4:
Es ist Samstag und normalerweise starten wir mit einem gemütlichen Frühstück in den Tag. Dieses mal gab es warmen Tee. Leider macht mein Kreislauf etwas schlapp und daher gönne ich mit 2 Löffel Honig. Dann gings und es ging direkt auf nach Braunschweig zur handmade Messe. Wir hatten genügend Tee und Wasser dabei und dann war der Messebesuch kein Problem. Nur die Halle mit den selbst gemachten Lebensmitteln war doof. Aus Frust haben wir ein Kochbuch gekauft. :) Die Messe war wirklich super eine riesige Auswahl für sämtliche Hobbys. In Anschluss an den Messebesuch haben wir noch Braunschweigs Innenstadt gesichtigt. Die ist wider Erwarten wirklich schön. Es war wirklich hart kein Eis zu essen und sich nicht in ein Café zu setzen, denn das Wetter war frühlingshaft und die Braunschweiger Bevölkerung machte es neiderregend vor. Trotz allem hatte ich heute wirklich kein Hungergefühl und nach den anfänglichen Anlaufschwierigkeiten ging es richtig gut. Ich verzichte nun auf die weitere Einnahme des Brottrunks, weil er echt gruselig schmeckt und bei mir keinerlei verdauungsfördernde Wirkung zeigt. Wir haben bei der Rezeptrecherche eine Verwendungsmöglichkeit beim Brotbacken gefunden. Das ist doch prima und ein Grund mehr sich auf die kommenden Tage zu freuen.
Tag 5:
Dass mir das sonntägliche Frühstück etwas fehlte, muss ich, glaub ich, nicht extra sagen. Nachdem wir uns an Rezepten satt geguckt und mit Tee gestärkt hatten gings direkt zur nächsten Messe. Die ITB ludt ein. Ich merke mittlerweile, dass das Treppensteigen nicht mehr so schnell geht und meine Beine viel schneller erschöpft sind. Die Messe war eher mäßig. Heute hatte ich meinen persönlichen Tiefpunkt. In den Hallen roch es nach Essen und das Wetter war wieder so toll und ich begann mich zu ärgern, dass ich faste. Das Leben ist zu kurz, um sich so zu kasteien. Ich habe dann beschlossen, weil ich so leide, dass heute der letzte Fastentag ist. 5 Tage reichen auch für den Anfang. Allerdings muss ich sagen, dass es wirklich nur der Kopf ist, der rebelliert. Ich hatte kein Hungergefühl. Zuhause haben wir dann wieder Rezepte rausgesucht für die kommenden Wochen. Wenn wir das alles essen, kommen wir in 2 Wochen nicht mehr durch die Tür. :) Zu Beginn des Fastens habe ich neben Bauchknurren keine körperlichen Auswirkungen gespürt aber nach nun schon 5 Tagen glaube ich, dass mein Körpergeruch zunimmt und das Deo schneller versagt.
Tag 6:
Woohoo, heute ist Fastenbrechen angesagt. Kurios ist, dass es mir morgens richtig gut ging und ich keinerlei Beschwerden hatte und der Kopf auch bereit gewesen wäre, weiter zu machen.Aber nein, es gab einen knackigen frischen Apfel. Seinen Bruder und seine Schwester gab es dann jeweils zum Mittag und zum Abendessen. Hach, war das schön. Nicht, dass das Geschmackserlebnis jetzt das erhoffte gewesen wäre, sondern das Gefühl etwas zu essen, zu kauen und somit wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen war das Größte. Bei Meerschweinen werden die, die nicht mit essen können auch verstoßen bzw. als suspekt abgestempelt und ausgegrenzt. Diese Glücksgefühle bewegten mich auch direkt dazu eine Runde laufen zu gehen. Das erwies sich allerdings als nicht so klug, denn ich bekam Nasenbluten. Also lieber ruhen und die Glückshormone anders nutzen. Dann konnten wir auch endlich wieder kochen. Und ich bereitete das Frühstück für den ersten Aufbautag vor. :) Welch großartiges Gefühl das war. :) :)
Tag 7:
Ich hatte mein liebevoll vorbereitetes Frühstück vergessen. Das war fast gleichzusetzen mit dem Weltuntergang. Da hungerte ich nun 5 Tage und freute mich auf das kleine Knäcke und dann war es nicht da, sondern nur so ein blöder Apfel. Aber das Hungergefühl konnte ich dann bis zum Mittag gut ausblenden.
Hier gibt es einen guten Fahrplan für die Woche nach dem Fasten.Der Alltag normalisiert sich jetzt wieder und die Liste der neuen Rezepte möchte abgegessen werden.
Resümee:
Es war meine erste Fastenerfahrung und ich bin richtig stolz auf mich, dass ich das durchgehalten habe. Zwischendurch ist es echt hart gewesen und ich fragte mich warum ich das Ganze mache aber jetzt, wenn ich auf eine Woche zurückblicken kann und 4,5 kg leichter bin, denke ich, das hat sich gelohnt. Ich fühle mich gut und es passen jetzt wieder Kleidungsstücke, die ganz hinten im Schrank lagen. Allerdings kann ich jetzt nachvollziehen, wenn man plötzlich eine geliebte Handlung nicht mehr machen darf (wie z.B. Rauchen). Die Zeiten dafür sind im Alltag fest eingeplant und die nun entstehende Lücke zu füllen ist schwer. So standen wir jeden Abend in der Küche und fühlten uns fehl am Platz. Ich hatte aber auch überhaupt keine Lust auf Zeitschriften, Häkeln oder Nähen. Hier ist es also empfehlenswert sich adäquate Beschäftigungsmöglichkeiten zu suchen und viel Spazieren zu gehen und reichlich zu schlafen. Nachdem ich zwischenzeitlich von der Einmaligkeit der Aktion überzeugt war, schließe ich erneute 5 Tage (länger muss nicht sein) fasten nicht aus. Es ist nicht so schlimm, wie es scheint und nun bin ich mental darauf vorbereitet was da kommen wird.
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